Sind die zehn Gebote für Christen noch gültig? Teil 3: Du wirst!

3 DU WIRST …

Wir haben gesehen, dass die Zehn Gebote, nach Aussagen der Bibel,  nicht der Weg zur Erlösung sind, sondern ein Maßstab für meine Sünde und für die Gerechtigkeit, die Gott von mir fordert und die mir in Christus geschenkt wurde. Ohne diesen Maßstab bin ich mir keiner Schuld bewusst und kann deshalb mit Jesu Christi stellvertretendem Opfer nichts anfangen.

Als Jesus auf diese Erde kam und für uns starb und auferstand, hat er das Gesetz in drei Hinsichten erfüllt. Er hat es als erstes erfüllt, dadurch, dass er ihm gehorchte. Er gehorchte den Geboten ausnahmslos in allen sittlichen Forderungen.

Er erfüllte das Gesetz in zweiter Hinsicht, indem er die Prophezeiungen erfüllte. Seine Geburt, sein Leben und sein Dienst wurden bis ins Detail vorausgesagt. Durch seinen Tod brachte er das Gesetz zur Vollendung und machte die Macht des Gesetzes, nämlich zu Verurteilen, zunichte. Paulus macht es an einem guten Beispiel deutlich. Er vergleicht es mit einer Ehe und sagt, solange der Mann lebt, ist seine Frau an ihn gebunden. Wenn aber der Mann stirbt, dann ist sie frei auch einen anderen Mann zu heiraten. Genauso sind wir durch den Tod Jesu, dem Gesetz gestorben, damit wir durch die Auferstehung Jesu, jetzt Jesus Christus unserem wahren und besseren Bräutigam gehören.  Mit seinem Tod, bezahlte er die Strafe, die das Gesetz forderte.

Als drittes erfüllte Jesus die Gebote, indem er sie bestätigte und erklärte. Er war die vollkommene Darstellung der Zehn Gebote. Ja, Jesus der Messias kam, um das Gesetz zu erfüllen.[1]

Für den Ungläubigen, der noch nicht Jesus als Retter angenommen hat, für ihn haben die Zehn Gebote eine richtende Funktion. Sie sollen ihn seiner Sünde überführen und verurteilen, so schreibt es Paulus in Römer 7,8ff. Aber sie sollen ihn auch zu Jesus treiben, denn er war die Erfüllung des Gesetzes.

Augustinus schreibt: „Das Gesetz ist gegeben worden, dass die Gnade gesucht werde; die Gnade ist gegeben, damit das Gesetz erfüllt werde.“[2]

Was bedeutet das jetzt für den neutestamentlichen Gläubigen? Muss er jetzt die Zehn Gebote halten oder reicht es wenn ich mich an das Gebot der Nächstenliebe halte?

Wie oben schon erwähnt, vergleicht Paulus das mit einer Ehe. Der Gläubige ist der richtenden Funktion des Gesetzes gestorben. Die Zehn Gebote bleiben bestehen, aber sie haben für ihn nicht mehr diese todbringende Funktion, da er schon gestorben ist. Luther bringt es auf den Punkt und sagt: „Christus hat uns nicht vom Gehorsam des Gesetzes befreit, sondern vom Fluch.“[3]

Doch gleichzeitig mit dem Sterben der Alten, tritt eine neue Verpflichtung ein, nämlich eine neue auf die Zukunft bezogene: „damit wir Gott Frucht bringen“ (Röm 7,4). Somit geht die Verheißung aus dem Alten Testament (Jer 31,33) in Erfüllung, wo gesagt wird:

Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht der HERR: Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. Und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.

Elberfelder-Bibel; Jeremia 31,33

Paulus greift dieses Bild auch nochmal auf und sagt, dass die Christen ein Brief Christi sind, der nicht auf steinerne Tafeln geschrieben wurde, wie die Gebote, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens (vgl. 2. Kor 3,3).

Nicht das Gesetz wird geändert, sondern wir werden so geändert, dass wir die Gebote Gottes nicht mehr unter dem Druck der Verurteilung durch das Gesetz halten …, sondern durch die Kraft des Geistes gerne ausleben. Das Gesetz selbst ist und bleibt „geistlich“ (Röm 7,14) aber ist gerade deswegen nur durch den Geist zu erfüllen.[4]Schirrmacher, 

Ethik Bd. 2, S. 123

Der lebendigmachende Geist, kommt durch die Auferstehungskraft Christi, also durch die Wiedergeburt, in uns und schreibt das Gesetz Gottes, die Zehn Gebote, auf die fleischernen Tafeln unseres Herzens und in unseren Sinn. Nur dadurch können wir die Gebote geistlich fassen, weil sie geistlich sind. Er gießt die Liebe in unsere Herzen aus, die des Gesetzes Erfüllung ist.[5]

Schon im Alten Testament lesen wir, dass der Geist Gottes Leben gibt (vgl. 1. Mo 2,7). Paulus schreibt nun in Römer 8,1-4:

Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. 2 Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. 3 Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, 4 damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt wird in uns, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.

Elberfelder-Bibel; Römer 8,1-4

Paulus sagt noch einmal, dass es für die Gebote unmöglich war, uns die Kraft zu geben, sie zu halten, aber der heilige Geist, der durch die Wiedergeburt in uns kommt, gibt Kraft sie zu halten. Er sorgt dafür, dass wir Gott gerne dienen. Wenn wir in Christus sind, dann werden wir beginnen so zu leben, wie Gott von uns möchte, dass wir leben. Nicht wir erfüllen die Rechtsforderung des Gesetzes, sondern Paulus spricht im Passiv: damit die Rechtsforderung in uns erfüllt wird.

Selbst als Christen können wir nicht die Gebote nicht halten. Doch durch den heiligen Geist, erfüllt Gott nun sein eigenes Gesetz in uns. Hesekiel schreibt in Hesekiel 36,26-27:

Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. 27 Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.

Elberfelder-Bibel; Hesekiel 36,26-27

Wir werden die Gebote Gottes halten, aber nicht aus eigener Anstrengung und eigener Kraft, sondern durch den heiligen Geist. Als Christen gelten uns die Zehn Gebote immer noch, doch nicht, weil wir durch ihr halten gerettet werden, sondern weil wir durch die Rettung sie halten werden.

Somit wird durch den heiligen Geist das „Du sollst…“ zu einem „Du wirst…“


[1] McQuilkin, Biblische Ethik. S. 61ff
[2] Dächsel, Die ganze heilige Schrift, S. 28
[3] Schirrmacher, Ethik Bd. 2, S. 123
[4] A.a.O. S. 99

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